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11. Juli 2025

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Wirtschaft und Verwaltung rufen nach rein nationalen Cloud-Angeboten

Wirtschaft und Verwaltung rufen nach rein nationalen Cloud-Angeboten© Pexels.com/pixabay

Nahezu jedes Unternehmen nutzt mittlerweile IT-Angebote aus der Cloud. Unsichere geofinanzpolitische Einflüsse und Zweifel an Datenregularien bei US-Anbietern forcieren nun in Wirtschaft Bedarf nach heimischen Cloud-Anbietern.

(red/czaak) Laut einer aktuellen Erhebung des deutschen Bitkom-Verbandes verwenden mittlerweile nahezu alle Betriebe IT-Angebote über die Cloud oder planen das in Kürze zu tun. Aktuell nutzen 9 von 10 Unternehmen Cloud-Anwendungen, vor einem Jahr betrug der Anteil 81 Prozent. Für praktisch kein Unternehmen ist Cloud kein Thema, vor einem Jahr war das noch bei 5 Prozent der Fall.

In der Nutzung liegt die Private Cloud mit 74 Prozent deutlich vor Public-Cloud-Angeboten (59 Prozent). Viele setzen dabei auf mehr als eine Cloud. 29 Prozent nutzen eine Hybrid-Cloud, also sowohl private als auch öffentliche Cloud-Dienste. Und 41 Prozent setzen auf Multi-Cloud, beziehen also Cloud-Dienste von unterschiedlichen Anbietern.

Von 38 auf 58 Prozent und von 34 auf 63 Prozent
Insgesamt werden in der deutschen Wirtschaft rund die Hälfte (47 Prozent) aller IT-Anwendungen aus der Cloud betrieben, 2024 waren es noch 38 Prozent. In fünf Jahren soll der Anteil bereits bei 58 Prozent liegen. Zugleich nutzen heute noch 10 Prozent der Unternehmen weniger als 10 Prozent ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud, in fünf Jahren wird das bei keinem Unternehmen mehr der Fall sein. Der Anteil der Unternehmen, die mehr als die Hälfte ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud beziehen wird sich gleichzeitig von 34 Prozent auf 63 Prozent fast verdoppeln.

„Die Unternehmen verlagern nicht alle IT-Anwendungen in die Cloud, aber künftig wird kein Unternehmen mehr ohne Cloud auskommen“, so Ralf Wintergerst, Bitkom-Präsident. Sechs von zehn Unternehmen fühlen sich allerdings auch gezwungen, Cloud-Dienste zu nutzen, weil die benötigte Software nur noch Cloud-basiert angeboten wird. Rund die Hälfte will im laufenden Jahr verglichen mit dem Vorjahr mehr investieren. Bei 44 Prozent sollen die Investitionen zunehmen. 39 Prozent rechnen mit unveränderten Investitionen. Bei acht Prozent sollen sie eher abnehmen.

KI-Nutzung aus der Cloud soll sich verdoppeln
Eine besondere Rolle kommt der Cloud auch beim Thema Künstliche Intelligenz zu. Aktuell nutzt jedes vierte Unternehmen KI-Dienste aus der Cloud – aber für fast doppelt so viele (51 Prozent) wird KI aus der Cloud in fünf Jahren interessant sein. „Wer leistungsstarke KI nutzen will, kommt an der Cloud kaum vorbei“, so Wintergerst. Ebenfalls stark zunehmen soll die Cloud-Nutzung von CRM, Webconferencing, Softwareentwicklung, Sicherheitssoftware sowie Datenbanken.

Am häufigsten werden derzeit Lösungen für Personal, Buchhaltung und Finanzplanung sowie klassische Office-Software in der Cloud betrieben. Dahinter folgen E-Mail und Speicherplatz für Dateien. 62 Prozent nutzen die Cloud als Zugang zu Rechenleistung für unterschiedliche Anwendungen. Verglichen mit der heutigen Nutzung rückläufig ist das Interesse an IoT-Diensten, Kollaboration sowie an ERP-Lösungen aus der Cloud.

Cloud treibt die Digitalisierung und schafft Zugang zu KI, IoT & Co
Grundsätzlich wird die Cloud meist genutzt, um interne Prozesse zu digitalisieren. Darum geht es 68 Prozent aller Unternehmen, die bereits Cloud-Dienste nutzen oder dies planen. Hier zeigt sich auch der stärkste Anstieg verglichen mit 2023, als der Anteil erst bei 45 Prozent lag. Ebenfalls deutlich zugelegt hat die Cloud als Zugang zu innovativen Technologien wie Internet of Things (IoT) oder Künstlicher Intelligenz – von 37 Prozent im Jahr 2023 auf nun 50 Prozent. „Cloud-Computing ist der Digitalisierungs-Treiber Nummer eins“, sagt Wintergerst.

Weiterhin geht es bei der Cloud-Nutzung um die Erhöhung der IT-Sicherheit (60 Prozent), die Umstellung auf Plattformen und Software-as-a-Service (56 Prozent), die Reduzierung von Kosten (55 Prozent), die Kooperation mit Dritten (53 Prozent), die Reduzierung von CO2-Emissionen (50 Prozent) sowie die Entwicklung innovativer Produkte oder Dienste (43 Prozent). 36 Prozent nutzen die Cloud, um Engpässe bei der Anschaffung eigener Geräte zu vermeiden.

Mehrheit der Unternehmen rückt Cloud in den Mittelpunkt der IT-Strategie
Erstmals steht bei der Hälfte der Cloud-Nutzer die Cloud im Mittelpunkt ihrer IT-Strategie. So verfolgen 19 Prozent einen „Cloud-only“-Ansatz, bei dem Cloud Computing für ausnahmslos alle Anwendungen und Systeme genutzt wird und bestehende Lösungen in die Cloud überführt werden. Weitere 31 Prozent setzen auf „Cloud first“, verwenden also bevorzugt Cloud-Lösungen bei neuen Projekten und ziehen bestehende Anwendungen bei Bedarf in die Cloud um. 31 Prozent ergänzen bestehende IT-Lösungen um Cloud-Anwendungen. Vier Prozent haben sich darüber noch keine Gedanken gemacht.

Dabei fühlt sich die Hälfte der Cloud-Nutzer den Anbietern ausgeliefert, etwa bei Preisen. 34 Prozent rechnen eher mit steigenden Kosten, 17 Prozent sogar mit stark steigenden Kosten. Nur acht Prozent erwarten sinkende Ausgaben. „Aktuell fällt es Kunden aufgrund des hohen Aufwands und der hohen Kosten bei einer Migration schwer, einen einmal gewählten Cloud-Anbieter wieder zu verlassen. Solche Lock-In-Effekte so gering wie möglich zu halten, sollte auch Teil der eigenen Cloud-Strategie sein“, so Wintergerst.

Bei Wahl des Cloud-Anbieters geht es primär um Sicherheit und die Standortfrage
Die einfache Wechselmöglichkeit des Cloud-Anbieters ist aktuell nur für 41 Prozent der Unternehmen ein zwingendes Kriterium bei der Auswahl. Ganz oben rangieren hingegen Vertrauen in IT-Sicherheit, Datenschutz und Compliance sowie Leistungsfähigkeit und Stabilität sowie die Möglichkeit zur Datenverschlüsselung. Mit Abstand folgen dann Interoperabilität, Nachhaltigkeitsthemen.

Ein entscheidendes Kriterium ist dann das Herkunftsland des Anbieters und der Standort des Rechenzentrums in Deutschland oder der EU. Für mittlerweile rund 70 (!) Prozent der Betriebe ist das eine ganz zentrale Frage. Die Innovationsstärke einer Cloud ist dann für 55 Prozent entscheidend, 45 Prozent legen Wert auf niedrige Kosten und 39 Prozent auf weltweite Verfügbarkeit. „Sicherheit ist das Top-Thema bei der Cloud-Auswahl“, betont Wintergerst vom Digital-Verband Bitkom. Und das adressiert auch die Punkte Datenschutz und Standort.

Das sind allesamt Ergebnisse des neuen „Cloud Report 2025“ vom Digitalverband Bitkom, für den 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland repräsentativ befragt wurden.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 16.06.2025