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27. September 2024

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Starker Abschwung auf Neuwagenmarkt in gesamter EU

Starker Abschwung auf Neuwagenmarkt in gesamter EU© Pexels/ Mike Birdy

EU-Neuwagenmarkt schrumpft im August um 18 Prozent, ein Drittel unter Vorkrisenniveau. In Österreich minus neun Prozent und 43 Prozent unter Vorkrisenniveau. Auch Elektroautos massiv unter Druck, so Analyse von EY.

(red/cc) Der EU-Neuwagenmarkt verzeichnete im August den stärksten Einbruch seit über zwei Jahren: Mit einem Rückgang der Pkw-Neuzulassungen um 18 Prozent lag das Absatzniveau zudem 32 Prozent niedriger als im Vorkrisenvergleichsmonat August 2019. In Österreich wurde ein Rückgang um knapp neun Prozent registriert, das Vorkrisenniveau wurde um 43 Prozent unterschritten.

Die meisten EU-Länder verzeichneten teils kräftige Einbußen: In 23 der 27 Länder wurden weniger Neuwagen zugelassen als im Vorjahresmonat. Der aktuelle Einbruch ist allerdings vor dem Hintergrund eines relativ starken Vorjahresmonats zu bewerten, wo mit rund 644.000 Neuzulassungen der EU-Markt im August dieses Jahres etwa auf dem Niveau der Jahre 2021 und 2022 lag.

2024 werden in der EU etwa zwei Millionen Neuwagen weniger verkauft als 2019
Insgesamt pendelt sich der Pkw-Absatz in der EU im bisherigen Jahresverlauf immer noch leicht im Plus ein (Anm. 1,4 Prozent), in Österreich um fünf Prozent. Damit liegt das Marktniveau EU-weit aber immer noch etwa ein Fünftel niedriger als im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 vor dem Ausbruch der Pandemie. Im bisherigen Jahresverlauf wurden im Vergleich zu 2019 etwa 1,8 Millionen Neuwagen weniger zugelassen. Im Gesamtjahr wird die Lücke bei mehr als zwei Millionen fehlenden Neuzulassungen liegen, so eine Analyse von EY.

„Der Markt liegt deutlich hinter den vor der Pandemie üblichen Absatzzahlen. Viele Hersteller kämpfen mit einer Unterauslastung ihrer Autofabriken, was Kapazitätsanpassungen nach sich ziehen wird“, sagt Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY. Er rechnet nicht mit einer baldigen Markterholung. „Die Konjunktur erholt sich nicht, die geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten nehmen zu. Das alles führt zu Zurückhaltung beim Kaufverhalten, sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich. Zudem verliert mit der E-Mobilität ein wichtiger Wachstumstreiber der Vorjahre derzeit massiv an Dynamik“, so der Automarkt-Experte.

Elektroautos massiv im Rückwärtsgang
Deutlich verstärkt im vergangenen Monat hat sich EU-weit der Abwärtstrend bei Elektroautos: Im August sanken hier die Neuzulassungen um 44 Prozent, in Österreich um 21 Prozent. Im bisherigen Jahresverlauf ergibt sich für die EU wie auch für Österreich ein Minus von acht Prozent. Besonders stark war mit minus 69 Prozent der Einbruch in Deutschland, der darauf zurückzuführen ist, dass im Vorjahresmonat das bevorstehende Förder-Aus für gewerbliche Käufe von E-Autos für einen kurzen Neuzulassungs-Boom sorgte.

Aber auch außerhalb Deutschlands entwickelten sich die Elektro-Neuzulassungen schwach: In 18 der 27 Länder wurden im August weniger Elektroautos neu zugelassen als im Vorjahresmonat. Der Marktanteil sank EU-weit von 21 auf 14 Prozent, in Österreich von 21 auf 18 Prozent. Einen sinkenden Marktanteil von Elektroautos wiesen immerhin 17 der 27 EU-Länder auf, rund 60 Prozent.

Verlängerung des aufwendigen Nebeneinanders von Verbrennern und Elektroautos
„Der E-Automarkt steckt in der Krise“, sagt Preiss. „Es kommen laufend neue Modelle auf den Markt, die attraktiver und leistungsstärker sind. Trotzdem halten sich Käufer:innen im Moment zurück. Das liegt in manchen Ländern auch an auslaufenden oder sinkenden Förderungen. Der hohe Preis ist beim E-Auto-Absatz im Moment noch das größte Thema.“

Auch bei den Themen Reichweite, Ladedauer, Ladeinfrastruktur und Stromkosten blieben viele Kund:innen immer noch skeptisch. Das Ergebnis der aktuellen Elektro-Krise ist laut Preiss nun, „dass der Verbrenner eine Renaissance erlebt. Für Hersteller bedeutet das die Verlängerung des finanziell aufwendigen Nebeneinanders von Verbrennern und Elektroautos“, erläutert der EY-Experte.

Im Osten Europas spielen Elektroautos keine Rolle
Hohe Elektro-Marktanteile findet man derzeit vor allem in Nordeuropa und den Benelux-Ländern - und das, auch dank großzügiger staatlicher Fördermaßnahmen. Dänemark wies etwa im August mit 55 Prozent den EU-weit höchsten Marktanteil von Elektroautos auf. In den meisten anderen EU-Ländern sind Elektroautos hingegen nach wie vor ein absolutes Nischenprodukt. In 15 (von 27) EU-Ländern lag der Elektro-Marktanteil im August unter zehn Prozent.

Besonders niedrig ist der Marktanteil von Elektroautos in den ost- und südosteuropäischen Ländern. Insgesamt betrug hier der Marktanteil im August 4 Prozent, nach 5 Prozent im Vorjahreszeitraum. Der Absatz schrumpfte um satte 27 Prozent. „Die Elektromobilität kommt in skandinavischen Ländern gut voran, in Osteuropa spielt sie kaum eine Rolle. Ob die ambitionierten Elektro-Ziele der EU realisierbar sind, bleibt bei diesem Tempo fraglich“, sagt Preiss.

Plug-in Hybride verlieren weniger stark als Elektroautos
Auch Plug-in-Hybride verzeichneten im August Einbußen, aber EU-weit weniger deutlich als Elektroautos. Insgesamt schrumpfte der Absatz von Plug-in-Hybriden in der EU im August um 22 Prozent, der Marktanteil sank von 7,4 auf 7,1 Prozent. In Österreich gingen die Neuzulassungen um 22 Prozent zurück, der Marktanteil sank von 7,7 auf 6,5 Prozent.

In Summe verzeichneten Neuwagen mit Stecker – also sogenannte PHEV und BEV – EU-weit einen Absatzrückgang von 38 Prozent, der gemeinsame Marktanteil sank von 28,4 auf 21,5 Prozent. Am höchsten ist der kombinierte Marktanteil von PHEVs und BEVs in Dänemark mit 58 Prozent, am niedrigsten in der Slowakei mit vier Prozent.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 24.09.2024