Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

03. November 2024

Search form

Search form

Das Trauma der horrenden Energiekosten

Das Trauma der horrenden Energiekosten© Pexels.com/seriousam

Trotz sinkender Tarife sparen Österreicher bei Energie. Enorme Preiserhöhungen der letzten Jahre bleiben unvergessen. Unter Verzicht auf Gewohnheiten werden weiter Kosten eingeschränkt.

(red/czaak) In Niederösterreich waren für ein Wohnhaus einer vierköpfigen Familie mit rund 250m2 Nutzungsfläche für Strom und Gas ein Kostenbetrag von jährlich rund EUR 4.500,- fällig. Schon dieser Betrag war verbrauchsbedingt vergleichsweise höher als die Norm. Mit Ukrainekrieg, Corona, Corona-Unterstützungen konnten sich die Kosten dann auf 13.600,- rund verdreifachen. Economy liegen dazu aktuelle Abrechnungen vor – und dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Viele Familien, Einzelpersonen, Pensionisten und Unternehmen brachten derart horrende Energiepreiserhöhungen in massive Existenznöte.

Und dazu kam dann noch großes Unverständnis, als ein Energie-Versorgungsbetrieb in Niederösterreich über 100 Millionen Euro als sogenannte Sonder-Dividende an seine Miteigentümer „ausschüttete“. Beobachter kommentierten dies mit: „Die Corona-Unterstützungen für Unternehmen müssen ja wieder refinanziert werden.“ Die Folge war große Unzufriedenheit und Unverständnis in der Bevölkerung, ein möglicher Grund auch für das Wahlverhalten bei der aktuellen Nationalratswahl.

Belastende Preistreiberei bleibt noch lange im Gedächtnis
Als gesichert gilt, dass diese für die Menschen überaus belastende Preistreiberei noch sehr lange im Gedächtnis bleiben wird und das zeigt auch eine aktuelle Erhebung des Beratungsunternehmens EY. „Das Thema Energie begleitet die Österreicher:innen durch den Alltag und es ist in der heimischen Politik ebenfalls präsent“, so EY.

Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz ist nun eine Abrechnung der Energiekosten auf monatlicher Basis angedacht. Für die Hälfte der Österreicher:innen wäre die Energiekostenabrechnung auf monatlicher Basis vorstellbar. Gegen eine monatliche Abrechnung sind 31 Prozent, sieben Prozent davon wollen das „auf gar keinen Fall“. 



Stromrechnung günstiger ausgefallen
Vergleich man die letzte Stromrechnung mit der aus dem Vorjahr, so konnte fast ein Viertel in etwa gleichbleibende Preise feststellen. Knapp 31 Prozent geben an, die Stromrechnung sei gestiegen – bei 18 Prozent erheblich, bis 30 Prozent, bei neun Prozent enorm, bis 60 Prozent und bei drei Prozent horrend um mehr als 61 Prozent.

Dem gegenüber stehen 35 Prozent, die eine niedrigere Stromrechnung im Vorjahresvergleich erhalten haben. Bei 21 Prozent sind die Energieausgaben etwas gesunken (um 1 bis 30 Prozent), bei zehn Prozent erheblich (um 31 bis 60 Prozent) und bei vier Prozent macht die Reduktion Angaben zufolge sogar mehr als 61 Prozent aus.

Schere zwischen gestiegenen und gesunken Kosten weit auseinander

„Wir sehen heuer ganz stark, dass die Schere zwischen gestiegenen und gesunken Kosten weit auseinander geht. Der Grund ist, dass die Weitergabe von Strompreisentwicklungen unter anderem von der Beschaffungspolitik der Energieversorger abhängt“, erklärt Christina Khinast-Sittenthaler, Leiterin des Energiesektors bei EY Österreich.

„Während die extrem hohen Preise zum Höhepunkt der Energiekrise im Herbst 2022 erst viel später bei den Haushalten angekommen sind, ergibt sich jetzt der umgekehrte Effekt: Die langsame Erholung der Preise kommt erst verzögert bei den Endkund:innen an“, so die EY-Expertin.

Fast 20 Prozent der Österreicher können Rechnungen nicht mehr pünktlich zahlen 

Fast neun von zehn Österreicher:innen geben an, aktiv Energie zu sparen, um die Kosten einzuschränken. Auch wenn die Energiesparer immer noch die deutliche Mehrheit markieren, ist die Zahl gegenüber der beiden Vorjahre leicht rückläufig, 2022 und 2023 lag sie noch bei 88 Prozent. Vor allem Personen der Altersgruppe von 50 bis 65 Jahren setzen auf Sparmaßnahmen (87 Prozent), aber auch die Jüngeren im Alter von 18 bis 49 Jahren behalten die Stromkosten genau im Blick.

Für die Hälfte der Befragten haben die steigenden Energiepreise auch Auswirkungen auf andere Lebensbereiche, über sieben von zehn Befragten gehen seltener auswärts essen, zwei Drittel sparen beim Urlaub und 55 Prozent geben weniger für Bekleidung. Knapp jede:r Zweite macht sich Sorgen, in Zukunft die Rechnungen aufgrund steigender Energiepreise nicht mehr bezahlen zu können. Und 18 Prozent können aktuell bereits die Rechnungen nicht mehr pünktlich begleichen. 


Gespart wird vor allem bei Nutzung von Haushaltsgeräten
Gespart wird dabei vor allem im Haushalt bei Betrieb und Nutzung der verschiedenen Geräte. Nur fünf Prozent setzen keine Maßnahmen zum Energiesparen. Für zwei Drittel ist der wichtigste Grund für die Einsparung bei Energie weiterhin das eigene Geldbörserl. Für 35 Prozent ist sparen gleich wichtig wie der Klimaschutz und für sieben Prozent steht der Umweltgedanke im Vordergrund. 

„Angekommen ist auch, dass bereits Kleinigkeiten reichen, um die Kosten zu senken, etwa den Lichtschalter zu betätigen, sobald man den Raum verlässt. Der Umweltgedanke ist derzeit noch sekundär, doch mit einem steigerten Bewusstsein für Ressourcen und aktive Klimadiskussionen wird das Thema Nachhaltigkeit präsenter werden“, so Khinast-Sittenthaler.



Immer noch Kritik an Stromanbietern

Trotz aller Belastungen, bleiben knapp zwei Drittel ihren Stromanbietern treu. Dem gegenüber stehen 21 Prozent, die sich eine Änderung überlegt, diese aber nicht durchgeführt haben. 16 Prozent haben sich tatsächlich für ein neues Unternehmen entschieden.

Grund nicht zu wechseln war vor allem der Mangel an Informationen über Einsparungen (32 Prozent), gefolgt von Zufriedenheit mit dem aktuellen Stromanbieter (31) und Mangel an Vertrauen in Alternativen (25 Prozent). „Ein zentrales Element für die Unzufriedenheit mit den Stromanbietern war die Unerreichbarkeit bei Fragen und de facto keine Transparenz bei den diversen Abrechnungstarifen“, bestätigt ein Kunde des eingangs erwähnten Energie-Versorgungsanbieters in Niederösterreich.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 11.10.2024