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19. März 2024

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Die Grenzen verschwinden zunehmend

Die Grenzen verschwinden zunehmend© piqs.de/alaumert

Statt beruflich oder privat gibt es neue Lebenswelten mit fließenden Übergängen. Smartphones erschweren dabei die Grenzziehung zwischen Arbeit und Freizeit. Eine aktuelle Studie von TU Wien und Arbeiterkammer Niederösterreich beleuchtet nun Situation und Auswirkungen.

Der abendliche Check, ob Chefe noch ein E-Mail geschrieben hat. Beim Frühstück anstatt des Süßwassersportmagazins mit dem Handy die Vorbereitung auf das erste Meeting des Tages. Beim Spaziergang am Wochenende eine Idee für ein berufliches Posting auf der Website mit sofortiger Umsetzung über das Smartphone plus Benachrichtigung der Kollegen mit Bitte um sofortige Weiterverbreitung.
Die zunehmend intensivere Nutzung von Smartphones und Tablets lässt die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Privatleben verschwinden. Eine aktuelle Studie von TU Wien und Arbeiterkammer Niederösterreich bestätigt nun, dass ständige Erreichbarkeit Stress, Gereiztheit und das Grübeln über die Arbeit verstärkt. Die nahe liegende Empfehlung betrifft mehr Bewusstsein und Umsetzung für Freiräume um den Arbeitsalltag entsprechend hinter sich zu lassen.

Kombinierte Erhebungsmethode
Die Studie basiert auf der Kombination von zwei Datensätzen – mit der Verwendung einer Smartphone-App. „Einerseits haben wir Fragebögen und Kurztagebucheinträge ausgewertet und mittels der App YLVI konnten wir auf Daten zurückgreifen, die am Handy der Teilnehmer erfasst wurden“, erläutert Martina Hartner-Tiefenthaler vom Institut für Managementwissenschaften der TU Wien. Die App wurde eigens von der Forschungsgruppe Industrial Software (INSO) unter der Leitung von Thomas Grechenig, TU Wien, entwickelt.

Mit dieser kombinierten Methode konnte überprüft werden, ob die Eigeneinschätzung mit dem tatsächlichen Nutzungsverhalten übereinstimmt.
Die App belegte sodann auch die große Rolle von Smartphones im täglichen Leben. Im Schnitt sahen die Testpersonen 84 Mal am Tag aufs Handy, in wachen Stunden alle 13 Minuten. 44 Mal täglich wird dabei das Handy entsperrt.

Mehr Stress und Ärger ergibt mehr Nackenschmerzen
Die Teilnehmer an der Studie konnten in drei Kategorien eingeteilt werden, moderate, mittelmäßige und intensive Smartphone-Nutzung. Intensive Smartphone-User können sich schlechter in ihre Arbeit vertiefen und zudem fühlen sie sich häufiger gelangweilt. An freien Tagen geben sie häufiger an, unter Zeitdruck und Stress gestanden zu haben, sie fühlen sich öfter gereizt oder verärgert. Gesundheitlich waren alle Gruppen gleich zufrieden, allerdings haben die intensiven Smartphone-User signifikant häufiger Nackenschmerzen.
Trotz potentieller negativer Einflüsse der verschwimmenden Grenzen zwischen Beruf und Privatleben plädiert Hartner-Tiefenthaler eher nicht für eine strikte Trennung. „Manchmal ist die Organisation des Alltags einfacher, wenn Grenzen nicht zu strikt gezogen sind. Manche Leute berichten, dass sie die Freizeit besser genießen können, wenn sie noch eine wichtige Kleinigkeit erledigt haben“, sagt Hartner-Tiefenthaler. „Wer das Handy weniger nutzt, ist zufriedener und zwar sowohl mit seinen Arbeitstagen als auch mit den freien Tagen“, so das Resümee von Martina Hartner-Tiefenthaler. „So reduziert man Stress und Ärger“.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 18.10.2018